Weitfahrt zum Rheingraben

Nachdem sich beim diesjährigen Gansessen des Frankenballon e.V. kein Sieger für unseren Weitfahrtwettbewerb gefunden hat, da niemand eine Wertung eingereicht hat dachte ich mir, das wird im Jahr 2008 nicht passieren. Deshalb hab ich gleich die erste Gelegenheit am gestrigen Sonntag genutzt und bin zusammen mit unserem Verfolger Joker – Alex Hänisch im Korb und unserem Piloten Michael Markovic und meinem Bruder Thorsten als Bodencrew zu einer Weitfahrt aufgebrochen.

Nachdem wir uns um 8.30 Uhr mit unserem Präsidenten am Vereinsgelände getroffen haben, die Gasflaschen aufgestickt haben und den Wecki mit 8 Gasflaschen bestückt haben sind wir zum Startplatz nach Frauenaurach gefahren um dort in schönster Bodeninversion sehr entspannt aufzurüsten. Bis die Flaschen und die ganze Ausrüstung im Korb verstaut waren und der Ballon aufgebaut war wurde es kurz nach 10 Uhr, und nachdem die Heizsohlen in den Schuhen eingeschaltet und die Verfolger gebrieft waren sind Joker und ich um 10.10 Uhr zu unserer Fahrt aufgebrochen.

Wir haben uns dann gleich nach dem Aufstieg beim Nürnberger Tower gemeldet, da wir am Rand in die Kontrollzone eingefahren sind. Der Lotse war aber sehr entspannt, da er sowieso keinerlei Verkehr (Flugverkehr, bevor jemand auf falsche Gedanken kommt) hatte. Die einzige Maschine die sich in dieser Zeit beim Tower gemeldet hatte hat nach dem ersten Anruf gemerkt, dass sie eigentlich gar nicht nach Nürnberg wollte und daher war es kein Problem durch die Kontrollzone zu fahren.

Wir sind dann gemütlich an den vorgeschriebenen Untergrenzen bis auf 5.500 Fuß gestiegen und als wir freie Bahn nach oben hatten haben wir einmal die Winde bis 3.000 Meter ausgetestet. Nachdem es aber schon ab 1.000 Meter mit über 50 km/h dahinging entschieden wir uns in Höhen von 1.500 bis 2.000 Metern nach Westen weiterzufahren, da es dort temperaturmäßig noch etwas angenehmer war und wir dort zum Ende der Fahrt sogar eine Spitzengeschwindigkeit von 86 km/h erreicht haben.

So fuhren wir dann bei herrlichen Sichten (sogar die Alpen waren am Horizont über der Inversion zu erkennen!!) über eine zum Teil mit Wolkenfetzen verhangene, zum Teil aber auch mit klarer Bodensicht ausgestattete Winterlandschaft. Als spektakulärster Eindruck bleibt Joker und mir wohl die Überquerung des Neckar zwischen Eberbach und Neckarsgemünd sowie die Einfahrt in den Rheingraben über Heidelberg (inklusive Großbrand im Busdepot der Heidelberger Verkehrsbetriebe).

Leider ging es in keiner Höhe so weit nach Norden das wir ohne Risiko über den Pfälzer Wald in Richtung Luxemburgische Grenze fahren konnten, sodass wir zwangsläufig zu nahe an Saarbrücken und der französischen Grenze den Abstieg und die Landung hätten machen müssen. Da leider der Transponder von unserem Würzburger Verein nicht funktionierte und ich daher nicht sicher durch den Luftraum im Landegebiet gekommen wäre entschieden wir uns gemeinsam die Fahrt im Rheingraben abzubrechen und haben etwa 10 km vor dem Beginn des Pfälzer Waldes den Abstieg eingeleitet und uns aufgemacht in Bodennähe eine Landemöglichkeit zu suchen.

Wer schon einmal bei bockigem und böigem Bodenwind zwischen 20 und 30 km/h und einer Hüllentemperatur von rund 55 Grad (bei 0 Grad Außentemperatur) versucht einen schöne Landung hinzubekommen weiß wie schwierig das sein kann. Aber dank ausreichender Geduld haben wir tatsächlich einen schönen Landeplatz in einem Feld gefunden. Außerdem kam hier dann auch noch richtig schönes Glück dazu, wir haben nämlich nach dem Aufsetzen noch eine 20 Meter Schleifspur durch den Acker gezogen, sind noch über den betonierten Wirtschaftsweg mit dem Korb gerutscht um dann präzise neben diesem Weg mit dem Korb zum Stillstand zu kommen. Wir haben dabei zwar eine kleine „Lehmhütte“ gebaut, aber das gehört ganz einfach dazu.

Sogar unsere Verfolger waren nach diesen 3 ½ Stunden und 200 km Luftlinie schon präzise am Korb bei der Landung um 13.40 Uhr, und so konnten wir, nachdem sich Joker und ich ein wenig sortiert haben, die Ausrüstung gemütlich verpacken. Anschließend ging es noch zum Essen nach Speyer bevor wir uns auf die Heimfahrt nach Nürnberg machten.

Warum erzähle ich euch das so ausführlich? Ich will euch ein wenig anspornen auch einmal so eine Weitfahrt zu wagen. Dank moderner meteorologischer Vorhersagen durch die Schweizer meteoblue-Seite kann man sehr präzise schon einige Tage im Voraus bestimmen, ob so eine Fahrt möglich ist und wo eine Fahrt in welcher Höhe über 3 bis 6 Stunden hingehen könnte. Ich hatte also 6 Tage Zeit meine Mannschaft und die Ausrüstung zu organisieren, wobei wir außer einer großen Menge Gas und warmen Klamotten keine spezielle Ausrüstung benötigt haben.

Also, ich hoffe doch sehr das meine Fahrt nicht das letzte Wort in Sachen Weitfahrt in diesem und dem nächsten Jahr war und sich bis zum nächsten Gansessen in 11 Monaten noch der eine oder andere auf ein kleines Abenteuer einlässt, sodass ich in Sachen Kilometer auf jeden Fall noch mal nachlegen muss.

Euch allen schöne Weihnachten, einen guten Rutsch ins neue Jahr und wir sehen und hören uns alle wieder in 2008.

Schöne Grüße
Martin Wegner